Sauerteig

Andere Bezeichnungen: Sauer

In einem Sauerteig entwickeln sich homofermentative (milchsäurebildende) und heterofermentative (essigsäurebildende) Milchsäurebakterien (letztere werden oftmals fälschlicherweise als Essigsäurebakterien bezeichnet), außerdem Hefen. Die heterofermentativen Bakterien erzeugen außerdem Kohlenstoffdioxid, das gemeinsam mit dem Kohlenstoffdioxid der alkoholischen Hefegärung das Gärgas bildet und für den Trieb sorgt.

Temperatur

Optimale Temperaturen liegen für homofermentative Bakterien bei 30 – 35 °C, für heterofermentative Bakterien bei 20 – 27 °C, für Hefen um 25 – 26 °C. Warm geführte, milchsäurebetonte Sauerteige sind daher in der Regel milder als kühler geführte, essigsäurebetonte Teige.

Warm geführte (Weizen-/Dinkel-) Sauerteige (etwa über 29 – 30 °C) machen den Teig etwas feuchter, die Krume dunkler, dehnbarer und grobporiger und bringen einen milden Geschmack ins Brot. Dagegen verursachen kühler geführte Sauerteige einen besseren Stand, eine etwas weniger dehnbare, straffe Krume und entsprechend kleineres Volumen (Kleberstraffung) sowie einen etwas säuerlich-herben Geschmack.

Wassergehalt

Ähnliche Effekte, aber von zweitrangiger Bedeutung nach der Temperatur hat der Wassergehalt (Teigausbeute) auf die Broteigenschaften. Sauerteige mit Teigausbeuten von unter 180 führen zu eine offeneren Porung bei gleichzeitig festerer Krume und säuerlichem Brotgeschmack. Mit Teigausbeuten über 180, in der Regel um 200 bis 220, entstehen Brote mit weicher, feiner Krume und sehr mildem Geschmack.

Sauerteig wird regelmäßig (täglich bis wöchentlich) mit Anstellgut, Mehl und Wasser aufgefrischt, um die Mikroorganismen mit Nährstoffen zu versorgen, zu vermehren und aktiv zu halten.

Vorteile

Sauerteig dient einerseits als Triebmittel, Säuerungsmittel und Aromageber, andererseits hält er das Brot länger frisch, beugt Schimmel vor und macht Roggenmehl backfähig. Er hemmt den übermäßigen Stärkeabbau des Enzyms Amylase. Ohne Sauerteig wäre bei älteren Roggensorten mit einer klitschigen Krume des Brotes zu rechnen, da die aus der Stärke umgewandelten Zucker beim Backen das freiwerdende Wasser nicht binden können. Neuere Roggensorten sind enzymärmer gezüchtet und wären unter Ausblendung der anderen Vorteile von Sauerteig ohne Versäuerung backfähig.

Die weiteren Vorteile von Sauerteig sind eine bessere Verdaulichkeit (siehe auch Phytin), ein ausgeprägtes Aroma und typischer Geschmack, eine höhere Feuchtigkeit und Elastizität der Krume, eine längere Haltbarkeit und verbesserte Schnittfähigkeit der Backwaren.

Dank spezieller Sauerteige lassen sich im Prinzip alle stärkehaltigen Getreide (Weizen, Roggen, Gerste, Reis, Mais, Hirse, Sorghum, Teff, Hafer, Triticale, Wildreis, Kamut), Pseudogetreide (z. B. Amarant, Quinoa) und stärkehaltigen Lebensmittel (Buchweizen, Kartoffeln, Bohnen, Erbsen etc.) zu brotartigen Backwaren verbacken.

Gekaufter Sauerteig

Im Lebensmitteleinzelhandel gekaufter Trocken- oder Flüssigsauerteig (oft auch Sauerteigextrakt genannt) ist in der Regel mikrobiell tot und hat nur noch aromatische und säuernde Funktion, verfügt aber über keinerlei Triebkraft mehr. Teigen, die mit diesem Würzmittel verarbeitet sind, muss immer Hefe zugegeben werden.

In der Regel werden Weizensauerteigbrote zu 5 – 20 % versäuert, Roggensauerteigbrote zu 30 – 50 % (30 – 50 % der Mehlmenge sind im Sauerteig verarbeitet).

25. August 2021
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Quellen

Online-Enzyklopädie „Wikipedia“ – Stichwort „Sauerteig“

https://de.wikipedia.org/wiki/Sauerteig

Abgerufen am: 12.05.2015

Lutz Geißler, Brotexperte

Vorlesung „Kohlenhydrate 3. Mehl- und Kornprodukte“ von Dr. Christian Hummert

https://docplayer.org/209737270-Kohlenhydrate-3-mehl-und-kornprodukte.html

Abgerufen am: 21.06.2023

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Abgerufen am: 19. März 2024, 6:44 Uhr · © 2023, Lutz Geißler